Paul E. Jose
Es fehlt an Forschung darüber, ob und wie stressige Ereignisse Grübeleien auslösen und ob und wie Grübeln wiederum einen anhaltenden Einfluss auf negative Stimmung im Alltag ausübt. Um diese Fragen zu beantworten, wurde eine Experience-Sampling-Studie mit 101 Studenten durchgeführt, die 30 Tage lang einmal täglich von kurzzeitigen unangenehmen Ereignissen, Grübeln und unglücklicher Stimmung berichteten. Unsere Ergebnisse zeigten, wie erwartet, dass tägliches Grübeln die Beziehung zwischen täglichen unangenehmen Ereignissen und täglicher unglücklicher Stimmung vermittelte. Darüber hinaus wurde ein signifikanter täglicher Mäßigungsbefund erzielt: Grübeln verschlimmerte Berichte über unglückliche Stimmung bei geringen Mengen unangenehmer Ereignisse. Für kurzzeitiges Grübeln und unglückliche Stimmung wurde eine Stabilität von Tag zu Tag festgestellt, und diese beiden Variablen zeigten über aufeinanderfolgende Tage hinweg auch eine schwache wechselseitige Beziehung. Und schließlich zeigte eine moderierte Mediationsanalyse, dass Personen, die ein hohes Grübelverhalten berichteten, einen stärkeren indirekten Effekt im täglichen Mediationsmuster aufwiesen. Die neuen Erkenntnisse legen nahe, dass 1) Grübeln als täglicher Mediator und Moderator der grundlegenden Beziehung zwischen Stress und Depression fungiert; 2) Grübeln führt zu einer negativen Stimmung im Laufe der Zeit; und 3) Grübeln ist ein stärkerer Indikator für eine negative Stimmung von Tag zu Tag als stressige Ereignisse. Diese Ergebnisse verdeutlichen, wie psychopathologische Interpretationen alltäglicher Lebenserfahrungen zu negativen Stimmungszuständen in einer Gemeinschaftsstichprobe führen können.