Angus W. MacDonald III
Hintergrund: Frühere Studien haben gezeigt, dass Kokainkonsumenten höhere Verzögerungsdiskontierungsraten aufweisen als Kontrollpersonen, wenn die Daten mit einem hyperbolischen Modell analysiert werden. Es gibt jedoch zunehmend Hinweise darauf, dass bei der Entscheidungsfindung im Zusammenhang mit der Verzögerungsdiskontierungsaufgabe zwei Prozesse eine Rolle spielen. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Auswirkungen eines Zweiparametermodells bei der Bestimmung der Art mehrerer Entscheidungsverzerrungen bei Kokainkonsumenten zu untersuchen.
Methoden und Ergebnisse: Die Studie verglich die Ergebnisse eines hyperbolischen Modells und eines sättigend-hyperbolischen Modells, das zwei Parameter sowohl für eine Verzögerungsdiskontierungsaufgabe als auch für eine Wahrscheinlichkeitsdiskontierungsaufgabe angibt. Darüber hinaus wurden sowohl Kokainkonsumenten (n=36) als auch Esssüchtige (n=20) hinsichtlich ihrer Diskontierungsparameter mit entsprechenden Kontrollpersonen verglichen. Die Ergebnisse des hyperbolischen Modells reproduzierten die Ergebnisse früherer Studien und zeigten, dass Kokainkonsumenten höhere Verzögerungsdiskontierungsraten aufwiesen (z=-3,13, p=0,002, d=0,79), sich jedoch in Bezug auf die Wahrscheinlichkeitsdiskontierungsraten nicht von den Kontrollpersonen unterschieden (z=-0,68, p=0,50, d=0,16). Bei der Analyse der Daten mit der sättigend-hyperbolischen Funktion wiesen Kokainkonsumenten jedoch keine signifikant höheren Verzögerungsdiskontierungsraten auf als die Kontrollpersonen (z=-1,62, p=0,11, d=0,39). Vielmehr zeigten sie sowohl bei der Verzögerungsdiskontierungsaufgabe (z=-2,32, p=0,02, d=0,56) als auch bei der Wahrscheinlichkeitsdiskontierungsaufgabe (z=-2,24, p=0,025, d=0,56) deutlich höhere Sättigungsindizes als die Kontrollgruppe. Die wichtigste Einschränkung ist, dass die Kokainkonsumenten Berichten zufolge im Durchschnitt etwa 15 Jahre lang Kokain konsumiert haben. Einige Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung sind möglicherweise nicht auf Kokainkonsumenten mit kürzerer Konsumhistorie übertragbar, und es war auch nicht möglich, die Risikofaktoren für Kokainkonsum von den Folgen des gewohnheitsmäßigen Konsums zu unterscheiden.
Schlussfolgerungen: Die beobachtete Entscheidungsverzerrung bei Kokainkonsumenten ist eher mit der Bewertungsverzerrung objektiver Belohnungen als mit Ungeduld verbunden. Darüber hinaus weisen Esssüchtige diese Entscheidungsverzerrung nicht auf, wenn man sie mit entsprechenden Kontrollpersonen vergleicht.